Gammelpilze

von Dieter Gewalt
Vergammelte Maronenröhrlinge - Wollen Sie so etwas wirklich essen?

Vor Gammelfleisch ekelt sich jeder. Um so mehr erstaunt es, was häufig als Ausbeute von Pilzsammlern in Körben oder gar Plastiktüten nach Hause getragen wird.

Man mag es nicht glauben - aber die oben abgebildeten Pilze wurden bei der Pilzberatung im Frankfurter Gesundheitsamt tatsächlich aus Sammelkörben entfernt! Sie mussten einbehalten werden, denn der Genuss derart vergammelter Ware kann gesundheitliche Konsequenzen haben. Ob man bei einem solchen Pilzgericht überhaupt von “Genuss” sprechen darf, erscheint schon aufgrund der “Optik” mehr als fragwürdig.

“Wollen Sie das wirklich essen?” lautet dann meist die Frage des Beraters. Einsichtige betrachten sich darauf ihr Sammelgut etwas kritischer und geben zu: “Eigentlich nicht”.

Leider sind nicht alle Sammler so vernünftig und beharren darauf, ihre Funde auch zu verzehren. Das kann aus mehreren Gründen gefährlich werden.

Schimmelbefall

Wir kennen es aus unserer Küche. Auch Brot kann von Schimmel befallen werden, oft schon wenige Tage nach dem Kauf. Wir wissen, dass es nicht mehr gegessen werden darf, denn Schimmelpilze können gefährliche Giftstoffe enthalten. Es genügt nicht, betroffene Stellen auszuschneiden. Genau so ist es bei Pilzen.

Schimmelbefall bei Maronenröhrlingen (frühes Stadium)
Schimmelbefall beim Maronenröhrling (fortgeschrittenes Stadium)
Goldschimmelbefall an Rotfußröhrlingen (Endstadium)

Beim häufigen Goldschimmel beginnt es mit kleinen grauen Flecken, die schnell größer werden, bald als weißer, im Endstadium goldgelber Belag den ganzen Fruchtkörper überziehen.

Eiweißzersetzung
Eiweißzersetzung im Hutfleisch

Von außen nicht erkennbar ist die Eiweißzersetzung des Pilzfleisches. Dabei entstehen Stoffe, die gesundheitsschädlich sein können. Vor allem bei Röhrlingen achte man auf farbliche Veränderungen im Hutfleisch, die oft nur andeutungsweise zu erkennen sind. Bevor Sie einen Pilz abschneiden: drücken Sie mit dem Finger auf die Hutoberfläche. Sie muss sich fest anfühlen. Lässt sich ohne nennenswerten Kraftaufwand eine Delle hineindrücken, ist der Pilz für Speisezwecke nicht mehr geeignet. Meist ist er auch schon von Maden befallen. Lassen Sie ihn stehen - er ist immer noch in der Lage, seine Sporen freizusetzen und kann so zum Erhalt seiner Art beitragen.

Madenbefall
Madenbefall bei einem Steinpilz

Von Maden befallene Pilze sind keineswegs nur unappetitlich. Sie können durch den Befall mit Bakterien infiziert sein und die Eiweißzersetzung kann bereits begonnen haben. Sie sind daher als potentiell gesundheitsschädlich einzustufen.

Frostschäden

Mit dem Beginn der Frostperiode ist beim Sammeln von Pilzen auf mögliche Frostschäden zu achten. Gefrorene Pilze sind nicht grundsätzlich gesundheitsgefährdend, man kann sie ja auch zu Konservierungszwecken einfrieren. Ein ernstzunehmendes Risiko entsteht durch wiederholtes Gefrieren und Auftauen. Betroffene Pilze sind oft instabil, vor allem ihre Ränder erscheinen durchwässert oder farblich verändert. Sie sollten nicht mehr in der Küche verwendet werden.

Regen

Auch Pilze, die im Regen gestanden sind, können durch einsetzende Eiweißzersetzung gesundheitliche Risiken verursachen. Dies ist vor allem bei Arten mit poröser Hutoberfläche (z. B. Riesenschirmlinge, Parasole) der Fall. Stark durchwässerte Pilze sollten auf keinen Fall gegessen werden.

Stellen Sie an selbst gesammelte Pilze die gleichen Qualitätsansprüche, die Sie beim Kauf von Obst und Gemüse im Supermarkt stellen würden!

Bei allen gesundheitlichen Beeinträchtigungen und Vergiftungssymptomen aufgrund der oben aufgeführten Ursachen handelt es sich nicht um eine Pilzvergiftung. Da Speisepilze grundsätzlich unbedenkliche Lebensmittel sind, die in einwandfreiem Zustand keine Gifte enthalten, muss von einer “Lebensmittelvergiftung” aufgrund verdorbener Ware gesprochen werden. Die Symptome können sehr heftig sein, es kann zu Schwindel, Übelkeit, Erbrechen, Durchfall, Fieber, Bauchkolik, Schüttelfrost und Kreislaufkollaps kommen. Zu beachten sind aber auch individuelle Unverträglichkeiten, wie sie bei nahezu allen Lebensmitteln vorkommen können.

(August 2014)