Agaricus bernardii

Salzwiesen-Egerling

Quél. 1878
Familie: Agaricaceae
© Dieter Gewalt
bernardii = zu Ehren von G. Bernard
11.09.2020, Dietzenbach-Steinberg TK 5819.4.1, in einem privaten Garten

Am 10.09.2020 informierte mich Anke Pitsch über das Wachstum relativ großer weißer Pilze in ihrem Garten in Dietzenbach-Steinberg. Bei einem Ortstermin am nächsten Tag war auf den ersten Blick ersichtlich, dass es sich um Champignons handelte.

Da es in Mitteleuropa rund 50 verschiedene Champignon-Arten gibt und gerade die weißen oft nur schwer zu bestimmen sind, mache ich um Vertreter dieser Gattung am liebsten einen Bogen. In diesem Fall war jedoch aufgrund der Merkmalskombination “weißer schuppiger Hut + aufsteigender, nach unten abziehbarer Stielring + rötendes Fleisch” die Auswahl in Frage kommender Arten sehr überschaubar. Der auffällige unangenehme Geruch verwies dann direkt auf Agaricus bernardii, lediglich der deutsche Name Salzwiesen-Egerling (Egerling ist der deutsche Name für Champignon) passte nicht ins Bild. In der Tat handelt es sich um eine Charakterart küstennaher Salzwiesen und Binnensalzfluren. Durch winterliche Salzstreuung können jedoch auch an beliebigen Straßenrändern Bedingungen geschaffen werden, die den ökologischen Ansprüchen des Pilzes entgegenkommen und sein Erscheinen auch weitab von seinen natürlichen Arealen ermöglichen.

Konnte aber winterlicher Salzstreudienst das Vorkommen von Agaricus bernardii in einem Dietzenbacher Garten mindestens 10 m vom Bürgersteig entfernt erklären? Eine telefonische Nachfrage sorgte für Klärung. Ein kleiner Gartenpool für die Kinder wurde tatsächlich mit salzhaltigem Wasser gefüllt, das durch Plantschen leicht auch auf die umliegende Rasenfläche gelangen konnte. Damit war die Bestimmung des Pilzes endgültig und zweifelsfrei gesichert.

Danken möchte ich auch Reinhold Kärcher, der mir bei der Bestimmung entscheidend geholfen hat. Er berichtete außerdem von drei eigenen Funden im hinteren Taunus, alle an Rändern von Straßen, die im Winter durch Salzstreudienste schnee- und eisfrei gehalten werden.

Nach wie vor gilt die Art als selten. Wie jedoch mein Zufallsnachweis und die Funde von Reinhold Kärcher zeigen, könnte sich diese Einschätzung bei Beachtung der anthropogen geförderten ökologischen Ansprüche des Pilzes signifikant ändern. Auch in “Die Großpilze Baden-Württembergs” wird darauf hingewiesen: “Im Gebiet (gemeint ist das Bundesland BW, bis 2010 nur drei Nachweise) wohl nur an Straßenrändern im Einflussbereich winterlichen Streusalzes.”

Weiterführende Literatur:

  • Die Großpilze Baden-Württembergs Band 5, S. 501 mit einem sehr schönen Foto von Dr. Geert Schmidt-Stohn
Alle Fotos, wenn nicht anders angegeben, von Dieter Gewalt.
Zuletzt aktualisiert am 15. September 2020