Hericium coralloides

Ästiger Stachelbart

(Scop.) Pers. 1794
Familie: Hericiaceae
© Dieter Gewalt
Synonym: Hericium clathroides
coralloides = korallenförmig

„Da liegt ein Baum und blüht!“ An diesen von Hermann Jahn zitierten Ausruf eines Kindes musste ich am 1. Oktober 2005 bei einer Wanderung durch das Naturschutzgebiet Mönchbruch denken. Bildhafter und treffender hätte man den morschen Buchenstamm mit seinen mehr als 100 (!) nahezu blumenkohlgroßen Ästigen Stachelbärten nicht beschreiben können. Es sah aus, als hätten die prächtigen Pilze das Totholz zu neuem Leben erweckt. Hermine Lotz-Winter hatte das „Naturwunder“ wenige Tage zuvor entdeckt.

Ein so üppiges Auftreten dieses Stachelbartes darf man mit Fug und Recht als „Naturwunder“ bezeichnen. Man steht davor und kann eigentlich nur noch staunen. Meist findet man nur einige wenige Exemplare an einem Stamm und als häufig kann man die Art ohnehin nicht bezeichnen. Einzelne Fruchtkörper können bis zu 40 cm breit werden, meist erreichen sie Größen zwischen 10 und 20 cm. Wichtigstes Kennzeichen, um den Ästigen von anderen Stachelbärten zu unterscheiden, sind die astartigen Verzweigungen, an deren Unterseite die Stacheln reihig wie „die Zähne eines Kamms“ angeordnet sind. Die einzelnen Stacheln sind 1 bis 1,5 cm lang.

Zu finden ist der Ästige Stachelbart an vermorschten Laubholzstämmen, ganz überwiegend an Buche.

In Mitteleuropa gibt es vier Stachelbart-Arten, die man sehr gut anhand makroskopischer Merkmale auseinanderhalten kann. Ihre Fruchtkörper sind weiß und verfärben im Alter gelblich, orangerötlich bis bräunlich. Die Sporen werden an den stets nach unten gerichteten Stacheln gebildet.

Hericium cirrhatum (Syn.: Creolophus cirrhatus, Dorniger Stachelbart): Die kurzen, dornartigen etwa 1 cm langen Stacheln hängen an miteinander verwachsenen dickfleischigen Hüten. An Laubholz, vor allem Buche
Hericium coralloides (Ästiger Stachelbart): Die kurzen bis zu 1,5 cm langen Stacheln hängen in Reihen wie die Zähne eines Kamms an vielfach verzweigten Ästen. An Lauholz, meist an Buche
Hericium erinaceum (Igel-Stachelbart): Die bis zu 3 cm langen Stacheln hängen an Fruchtkörperknollen; ich vergleiche das Aussehen gern mit einem Bobtail. An Laubholz (Buche, Eiche)
Hericium flagellum (Tannen-Stachelbart): Die 0,5 bis 2 cm langen Stacheln hängen büschelig (nicht reihig!) an den verzweigten Ästen. An Weißtanne

Stachelbärte gelten als Vitalpilze, die sich züchten lassen, sind als Rote-Liste-Arten in der Natur aber gesetzlich geschützt. Inwieweit dieser Schutz den betroffenen Arten nützt, ist mit Skepsis zu bewerten. Nicht nur die gefährdeten Arten wären schützenswert, sondern viel mehr die Biotope, die sie für ihr Wachstum benötigen. Der Ästige Stachelbart ist ein exzellentes Beispiel dafür. Seit die Forstwirtschaft in immer mehr Wäldern dazu übergeht, am Boden liegendes Totholz liegen und vermorschen zu lassen, haben Vorkommen dieses Pilzes zumindest im Rhein-Main-Gebiet sichtbar zugenommen.

Weiterführende Literatur:

Alle Fotos, wenn nicht anders angegeben, von Dieter Gewalt.
Zuletzt aktualisiert am 6. August 2020