Peziza saniosa

Violettmilchender Becherling

Schrad. 1799
Familie: Pezizaceae
© Hermine Lotz-Winter
saniosa = mit Eiter gefüllt

Der seltene Violettmilchende Becherling ist einer der am leichtesten kenntlichen Becherlinge. Die bei Verletzung des Fruchtkörpers ausgeschiedene Milch ist violett bis blau gefärbt. Dieses im Pilzreich sehr ungewöhnliche Merkmal sowie die ebenfalls violettblaue, firnisartig glänzende Fruchtschicht machen die Art bereits im Wald leicht kenntlich. Die Fruchtkörper mit einem Durchmesser zwischen 1 und 4,5 cm waren im tiefen Schatten alter Buchen (Schönrainschneise bei Mörfelden-Walldorf) kaum zu sehen und wurden nur zufällig entdeckt.

Peziza saniosa gilt in ganz Deutschland als selten. Im Verbreitungsatlas sind etwa 60 Funde registriert, insgesamt dürften in Deutschland etwa 100 Funde gemacht worden sein. Aus dem Rhein-Main-Gebiet wurde in neuerer Zeit kein Fund gemeldet. Der Violettmilchende Becherling kann offenbar Jahre ausbleiben, um dann plötzlich wieder zu fruktifizieren. Die Standortansprüche sind nicht ganz klar – er gilt zwar als eher montane Art, es gibt jedoch auch etliche Funde in niedrigen Lagen, wie z. B. der hier beschriebene. Auch ist aus den weit gestreuten Fundpunkten im Verbreitungsatlas keine Vorliebe für einen bestimmten Boden-ph-Wert oder ein bevorzugtes Vorkommen in bestimmten Florenarealen abzuleiten.

Glaubt man Ascomyceten-Kennern, ist der Violettmilchende Becherling eine Art, die in „alten“ Wäldern vorkommt. Deren stetiger Rückgang läßt durchaus auf eine Bedrohung der Art schließen. Dem trägt die Rote Liste mit der Einstufung RL=3 (gefährdet) Rechnung.

Peziza saniosa ist als Angehöriger der Becherlinge im engeren Sinn ein Ascomycet, also ein Schlauchpilz, der seine 8 Sporen bei Reife durch ein Deckelchen (Operculum) des Ascus ins Freie entläßt. Die Sporen sind farblos und warzig (ca. 14 – 16 x 7 µm), wie auf dem linken Bild zu sehen. Zur besseren Sichtbarmachung des Sporenornaments wurden sie mit Baumwollblau-Lösung angefärbt (rechtes Bild). Die blauviolette Färbung des Fruchtkörpers rührt vom violetten Milchsaft her, der in den Fruchtkörperhyphen gebildet wird und im Mikroskop als wolkige, zartlila gefärbte Masse zu sehen ist.

Die warzigen Sporen dienen als Abgrenzung zu Peziza violacea; dieser Brandstellenbewohner mit Lilaton in der Fruchtschicht hat keinen Milchsaft und glatte Sporen. Da auch bei älteren Exemplaren von Peziza saniosa unter Umständen kein Milchsaft mehr ausgeschieden wird, besonders bei Trockenheit, ist ein klärender Blick ins Mikroskop trotz der Prägnanz der Art bisweilen notwendig.

Alle Fotos, wenn nicht anders angegeben, von Hermine Lotz-Winter.
Zuletzt aktualisiert am 11. August 2020