Sphaerobolus stellatus

Kugelschneller

Tode 1790
Familie: Geastraceae
© Dieter Gewalt
stellatus = blitzend, glänzend

Dieser Pilz hat erstaunliche Fähigkeiten, die ihn zu einem geeigneten Objekt für Experimentierfreudige machen. Auch Kinder dürften ihren Spaß dabei haben. Ein geeigneter Pappkarton ist schnell zur Hand, in dem wir den morschen Ast mit unserem Fund deponieren. In der Regel wird das Holz mit Fruchtkörpern übersät sein. Nachdem das Behältnis mit seinem Deckel verschlossen ist, heißt es abwarten und Ohren spitzen. Irgendwann vernimmt man einen deutlichen Knall und vielleicht schon bald den nächsten. In der Tat: in unserem Karton wird scharf geschossen. Manchen erinnert das Geräusch vielleicht sogar an Maschinengewehrfeuer. Vorsicht also beim Öffnen, damit man nicht eine der Kugeln ins Auge kriegt. Man kann das Holz mit seinen bemerkenswerten Pilzen auch abends auf den Balkon legen und am Morgen nachschauen, was passiert ist. In bis zu 3 m Entfernung wird man die aus ihrer Hülle katapultierten Kügelchen finden. Womöglich muss man nach ihnen suchen, denn sie sind sehr klein. Sie erreichen einen Durchmesser von etwa einem Millimeter. Die Pilze, die sie abgeschossen haben, sind nur wenig größer und das ist das Problem bei unserem Experiment. Es ist mit Beschaffungsschwierigkeiten zu rechnen.

Der Pilz, der solche beachtlichen Leistungen zu vollbringen vermag, heißt Kugelschneller, wird aber auch „Pilzkanone“ genannt. Ein Blick in den Verbreitungsatlas (Krieglsteiner, 1991) macht wenig Hoffnung, ihn leicht zu finden. Für Hessen ist er gerade vier Mal gemeldet worden*. So weit die schlechte Nachricht. Und nun die gute. Unser Pilz fehlt vermutlich in keinem Wald und kommt auch außerhalb vor. Die Liste der von ihm besiedelten Substrate dürfte zu den längsten gehören, über die in der Fachliteratur berichtet wird. Morsches Holz aller Baumarten, Holzhäcksel und Rindenmulch gehören zu den häufigsten, aber auch tote Krautstängel, Pflanzenreste, Fichtenzapfen, Bucheckern-Cupulen und selbst Rohrkolben werden genannt. Wegen seiner geringen Größe ist unser Winzling schwer zu finden; man muss ihn gezielt und geduldig suchen, am besten mit der Lupe. Er erscheint von Juni bis November.

Der Kugelschneller gehört zu den Bauchpilzen, die so heißen, weil sie die Sporen in ihrem „Inneren“ produzieren. Zuerst erscheinen, meist dicht gedrängt, weißliche Kügelchen, die bei der Reife sternförmig aufreißen und den Blick auf die transparente Glebakugel freigeben. Unter ihr baut sich ein osmotischer Druck auf, wobei sich die Endoperidie explosionsartig nach außen stülpt und die Glebakugel hinauskatapultiert (siehe die schematische Darstellung von Wikipedia unten links).

So funktioniert die „Pilzkanone“ (Quelle:Wikipedia)

In Dietzenbach am Steinkautenweg befindet sich zwischen der S-Bahntrasse und dem östlichen Gewerbegebiet eine größere Brachfläche, die 2001 zum Teil mit Holzhäckseln bedeckt war. Diesen Standort teilten sich etliche Orangerote Träuschlinge (Stropharia aurantiaca), Dung-Teuerlinge und Tiegelteuerlinge (Cyathus stercoreus, Crucibulum laeve) sowie jede Menge Kugelschneller. Es mögen einige Tausend gewesen sein, die sich hier gesellig, rasig oder in gedrängten Nestern auf dem vermodernden Substrat angesiedelt hatten.

  • Inzwischen haben sich die Fundmeldungen signifikant erhöht, vor allem im Rhein-Main-Gebiet.

Es gibt übrigens noch eine “Pilzkanone”, die sogar zu noch eindrucksvolleren Leistungen fähig ist: der Pillenwerfer Pilobolus kleinii.

Weiterführende Literatur:

Alle Fotos, wenn nicht anders angegeben, von Dieter Gewalt.
Zuletzt aktualisiert am 23. Juli 2021