Flicklumpenartige (Rhytismatales)

Runzelschorfartige

von Dieter Gewalt

Wenn man den deutschen Namen für die Ordnung der Rhytismatales zum ersten Mal liest oder hört, mag man es nicht glauben. Wie ist ein derart obskurer Name zu erklären? Wahrscheinlich bezieht er sich auf einen der bekanntesten Pilze dieser Gruppe, den allgegenwärtigen Ahorn-Runzelschorf, der mit seinen schwarzen runzeligen Flecken Ahornblätter befällt. Diese unregelmäßig geformten Flecken könnten den Namensgeber an Flicklumpen erinnert haben. Ein anderer Name für diese Pilzordnung ist Runzelschorfartige, die wissenschaftliche Bezeichnung Rhytismatales kommt vom griechischen Rhytides (ρυτίδες Runzel).

Die Rhytismatales gehören zu den Schlauchpilzen (Ascomycota) und sind in vier Familien aufgeteilt. In diesen finden sich Arten, die von ihrem Aussehen her überhaupt nicht zueinander zu passen scheinen, mit Flicklumpen keinerlei Ähnlichkeit haben und auch keine Runzeln besitzen. Auch für diese bunte Mischung kommt mir das Bild eines wahllos zusammengeflickten Lumpens in den Sinn. Da in der Systematik der Pilze zur Zeit vieles im Umbruch ist, wird die nahe Zukunft zeigen, ob diese sehr heterogene Ordnung in ihrer jetzigen Form Bestand haben wird.

1. Familie der Rindenschorfverwandten (Ascodichaenaceae)

Einer der bekannteren aber kaum beachteten Arten ist der Buchen-Rindenschorf Ascodichaena rugosa, dessen deutscher Name bereits eine Beschreibung seines Erscheinungsbildes ist: ein dunkler schorfiger Belag auf der Rinde lebender Buchen. Er dürfte in keinem Rotbuchenbestand fehlen und wurde trotz seiner Häufigkeit erst 1977 als Pilz erkannt und beschrieben.

2. Familie der Cryptomycetaceae mit 4 weitgehend unbeachteten Gattungen

Diese bei Wikipedia als zugehörig aufgeführte Familie wird von kaum einem maßgeblichen Mykologen als solche anerkannt. Der Rindenpilz Cryptomyces maximus, der an Weidenästen schwarze Stromata bildet, wird der Familie Rhytismatacea (siehe 4.) zugerechnet.

3. Familie der Kreislingsverwandten (Cudoniaceae)

In dieser Familie finden sich, wie es der Hobby-Pilzfreund nennen würde, einige “richtige Pilze” wie der Gelbe Spateling Spathularia flavida. Auch die Gattung der Kreislinge (Cudonia) gehört zu ihr.

Abb. links: Buchen-Rindenschorf (Asodichaena rugosa) -- rechts: Gelber Spateling (Spathularia flavida)

4. Familie der Runzelschorfverwandten (Rhytismataceae)

In dieser Familie sind insgesamt 43 Gattungen zusammengefasst, unter denen die Spaltlippen, Schildbecherlinge und Runzelschorfe die etwas bekannteren sind.

Abb. links: Ahorn-Runzelschorf (Rhytisma acerinum) -- rechts: Kiefernnadel-Spaltlippe (Lophodermium pinastri)

Spaltlippen (Lophodermium) sind mit über 140 Arten weltweit die größte Gattung der Rhytismatales. Sie wachsen saprobiontisch oder parasitisch auf toten oder lebenden Pflanzenteilen (z. B. Stängel, Blätter oder Blattstiele). Ihre Fruchtkörper (Hysterothezien) sind in das Wirtsgewebe eingebettet und öffnen sich mit einem lippenförmigen Spalt. Im Fundkorb sind folgende 6 Arten beschrieben und abgebildet:

Lophodermium arundinaceum - Schilf-Spaltlippe
Lophodermium gramineum - Gras-Spaltlippe
Lophodermium petiolicola - Petiolen-Spaltlippe
Lophodermium piceae - Fichtennadel-Spaltlippe
Lophodermium pinastri - Kiefernnadelspaltlippe
Lophodermium seditiosum - Kiefernschütte-Spaltlippe

Eine Art Spaltlippe ist auch das Helle Kiefernnadel-Polsterbecherchen Cyclaneusma minus, das vor allem an Nadeln der Schwarzkiefer Pinus nigra erscheint und eine Nadelschütte verursacht.

Schildbecherlinge (Colpoma) bilden eine Gattung mit wenigen an Baumästen wachsenden becher- oder schiffchenförmigen Arten wie dem Eichen-Schildbecherling Colpoma quercinum. Bekanntester Verteter der Runzelschorfe ist der bereits erwähnte Ahorn-Runzelschorf Rhytisma acerinum.

Alle Fotos, wenn nicht anders angegeben, von Dieter Gewalt.
Zuletzt aktualisiert am 4. August 2021